Um halb 7 Uhr in der Früh starteten Etienne und ich los auf unsere erste größere Reise Richtung Ambovombe-Centre (Region Manandriana). In Madagaskar sind die am meisten genutzten öffentlichen Verkehrsmittel Kleinbusse. Diese Busse werden speziell für die Verhältnisse in Madagaskar vor Ort umgerüstet und umgebaut. Ein großer Gepäckträger am Dach des Busses, sowie eine Aufstockung der Sitze ist Pflicht. So werden beispielsweise in einen (in Österreich) 12-Sitzer 23 Sitze eingebaut und in einen 9-Sitzer 19 Sitze. Im Stadtverkehr kann man noch etwa 5 Sitze dazurechnen, da im Mittelgang noch aufklappbare Sitze montiert sind. Darüber hinaus werden die Busse, die oftmals in Europa ausgesondert und nach Madagaskar gebracht wurden, generalsaniert und betriebsfähig gemacht.

Die Straße, welche die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und dem Süden Madagaskars darstellt, ist kurvig und nicht sehr breit. Positiv muss man dabei anmerken, dass ein etwa 40 Kilometer langer Streckenabschnitt seit meinem Aufenthalt 2016 schön erneuert wurde (die Straße war damals aufgrund der vielen Schlaglöcher nur sehr langsam befahrbar). Aufgrund der kurvigen Straße und des sehr begrenzten Sitzkomforts ist eine solche Reise nicht sonderlich bequem. Der Dame neben mir hat die Strecke jedoch offensichtlich noch mehr zugesetzt, denn sie musste immer wieder erbrechen.

Nichtsdestotrotz ist die Landschaft, die an einem vorbeizieht, malerisch. Viele kleine Dörfer inmitten von Bergen und in Stufen bebauten Feldern geben ein idyllisches Bild ab, das teilweise schon fast kitschig wirkt. Schade ist dabei, dass man diese Landschaft, die mit tief stehender Sonne noch schöner wirkt, während der Fahrt nur schwer mit der Kamera festhalten kann.

Die tief stehende Sonne bringt jedoch auch Gefahren mit sich. Die Route Richtung Süden ist in der Nacht (um 6 Uhr wird es dunkel) gefährlich und sollte gemieden werden. Besonders die Region um Ambovombe-Centre ist seit mehreren Jahren eine „rote Zone“. Die gesamte Region wird von bewaffneten Räuberbanden heimgesucht, die das Vieh der Bauern stehlen, sowie Leute und Busse überfallen. Man hat somit beim Reisen ein etwas mulmiges Gefühl, auch wenn der Busfahrer die sicherere, wenn auch weitere Strecke gewählt hat. Um unsere Sicherheit zu stärken, stieg die Schwester von Etienne ein paar Stunden vor unserem Reiseziel zu, da sie eine Klosterschwester und für ihre Tätigkeit in der Region bekannt ist. Geschichten zufolge sollen Räuber schon öfters einen Bus verschont haben, wenn eine Klosterschwester an Bord war.

Gegen Einbruch der Dunkelheit bogen wir von der Hauptstraße auf eine Lehmstraße ab, die etwas abenteuerlich wirkte. Die ersten paar hundert Meter waren vom Regen durchweicht und der Bus war sehr knapp davor umzukippen. Die Busfahrer sind jedoch auf die Verhältnisse perfekt eingestellt und auch der Bus selbst hatte keine Schwierigkeiten mit mehreren „Aufsitzern“. Nach etwas mehr als 12 Stunden Reisezeit und 2 Stunden auf der Lehmstraße erreichten wir sicher das Kloster der Franziskanerinnen in Ambovombe-Centre, das uns für die nächsten Tage beherbergen sollte.

Das Kloster steht im Zentrum eines großen Dorfes, das von bergiger und sehr schöner Landschaft umgeben ist. Im Haus der Franziskanerinnen leben drei Schwestern und vier weitere junge Frauen, die teils Aspirantinnen und teils Helferinnen sind. Die Schwestern betreiben neben dem Kloster auch noch gemeinsam mit Priestern eine Schule und eine Kantine, die besonders bedürftigen Schülern zu Gute kommt. Am Tag nach unserer Ankunft wurden wir dann auch schon durch die Schule geführt, die das Hauptaugenmerk für unseren Besuch war (insbesondere für unsere Vereinstätigkeit). Die Schule wird von mehr als 500 Schülern besucht und umfasst alle Schulstufen. Darüber hinaus gibt es auch einen kleinen Kindergarten, in dem die Kinder schon auf die Schule vorbereitet werden.

Bei unserem anschließenden Gespräch mit der Schulverwaltung wurde uns noch mehr über die Schule erzählt, aber auch Probleme geschildert. So wie viele Schulen in Madagaskar kämpft auch diese mit finanziellen Schwierigkeiten. Ein Teil der Schule ist noch nicht fertiggestellt und das Lehrerzimmer bzw. das kleine Verwaltungsgebäude sind noch nicht eingerichtet. Eine kleine Bibliothek wäre ebenfalls wichtig für den Lernfortschritt der Kinder. Darüber hinaus ist die Finanzierung der Kantine, sowie die teilweise Tragung der Schulkosten für die bedürftigen Kinder eine weitere finanzielle Belastung.

Doch obwohl die Schule selbst große finanzielle Schwierigkeiten und eine hohe Schüleranzahl hat, werden die einzelnen Kinder nicht vergessen. Uns wurden von den Schwestern und der Schulverwaltung mehrere Fälle beschrieben und Kinder vorgestellt, die dringend Unterstützung brauchen, da sie sonst nicht mehr in die Schule gehen könnten, sondern arbeiten müssten. Viele Familien haben durch die Räuberbanden alles verloren und müssen ums Überleben kämpfen.

Da wir uns mit dem Verein „Ambeo“ genau solchen Problemen annehmen wollen, sicherten Etienne und ich der Schule zu, dass wir uns bemühen würden, Lösungen zu finden, und gemeinsam mit der Schulverwaltung in der nächsten Zeit Details zur Zusammenarbeit ausarbeiten würden

Für die Fortsetzung der Reise nach Fianarantsoa und Antsirabe bitte hier klicken.

Der Busbahnhof Richtung Süden von Antananarivo

Die Schule in Ambovombe-Centre

Blick in den Ort Ambovombe-Centre

Eine einsame Hütte in den Bergen rund um Ambovombe-Centre

Eine schöne Wanderung in die Berge rund um Ambovombe-Centre

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